Ausstellung

Vanished Forest

Tviga Vasilyeva
13.06.2014 - 13.07.2014
  • Das Foto zeigt das Plakat der Ausstellung Tviga Vasilyeva: Vanished Forest. Foto © Edith-Russ-Haus
    Tviga Vasilyeva: Vanished Forest. Foto © Edith-Russ-Haus
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Wie klingt das Innere der Bäume?

Mit der interaktiven Videoinstallation Vanished Forest möchte die russische Künstlerin Tviga Vasilyeva eine Antwort auf diese Frage geben. Die Arbeit ermöglicht es den Besuchern, sich interaktiv in einen bereits vergangenen Wald zu begeben und diesen in einer zunächst ungewohnten Dimension zu erfahren: der akustischen. Dazu arbeitete Vasilyeva in einem Teil des „Seliger“-Waldes in der Region Novgorod,  innerhalb des Volday State Reserve im Nordwesten Russlands und zugleich einem der ältesten Urwälder Europas. Sie stattete die Bäume, welche bereits zur Abholzung freigegeben wurden, mit Kontaktmikrofonen aus, nahm die Geräusche des inneren Kreislaufs auf und verstärkte diese um das 250-fache. Jeder der Bäume verbirgt eine individuell ganz unterschiedliche Klangwelt, welche so für Menschen wahrnehmbar gemacht wird.

In der Installation können die Besucher die einzelnen Bäume auf der Videoprojektion mittels eines Touchscreens anwählen und so selbst entscheiden, welcher Baum zu hören sein soll.

Es geht der Künstlerin jedoch nicht allein um den akustischen Effekt; Vasilyeva möchte die Aufmerksamkeit auf die umweltpolitisch umstrittene Abholzung des alten Waldes lenken, welcher nach und nach verschwindet. Pläne zur Wiederaufforstung existieren in dem Teil, in welchem die Aufnahmen für Vanished Forest entstanden, nicht.

Über die auf der Soundebene individualisierten Bäume und die interaktive Videotechnologie versucht sie bei den Betrachtern eine neuartige, sensorische Wahrnehmung zu erzeugen und ein umweltpolitisches Bewusstsein hervorzurufen. Die akustische Ebene wird hier zur Schnittstelle zwischen der realen Problematik der Zerstörung der Natur und den immateriellen Überresten lebendiger Wesen.

Vasilyeva rückt ihre Arbeit zudem auf eine Ebene, in welcher die Selbstwahrnehmung des Individuums innerhalb der Umwelt eine Rolle spielt: „Durch die Wahrnehmung der inneren Schwingungen dieser Bäume könnte man sich daran erinnern, dass die Welt und man selbst in Auflösung begriffen sind.“ (Vasilyeva)

Die Arbeiten der Künstlerin Tviga Vasilyeva (1983, Sankt Petersburg, Russland)stellen die Schauplätze ihrer Kunst selbst in den Fokus. Durch interdisziplinäre Vorgehensweisen und die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Organisationen und Personen schafft sie Werke, die sich auf die Erkundung von Landschaft, Natur und Umwelt beziehen. In ihrem künstlerischen Schaffen zielt Vasilyeva darauf ab, ein Bewusstsein für das immer weiter voranschreitende Verschwinden der Wälder zu entwickeln und den Betrachter in einen emotionalen Zustand von Traurigkeit und Verlust zu versetzen. Mit technischen Mitteln wie Ton, Video und Skulptur versucht sie, die zurückgehenden Areale  zu bewahren und ermöglicht gleichzeitig, ebenjene auf andere Weise als der bloß visuellen zu erfahren. Während der letzten drei Jahre beschäftigte sie sich mit der Abholzung von Waldgebieten in Russland und Finnland.

Tviga Vasilyeva studierte in Finnland, Russland und England und schloss 2010 den Studiengang Fotografie an der University for Creative Arts (Farnham, Großbritannien) ab. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in London, Brighton, New York, Stockholm und Moskau ausgestellt.

Sie lebt und arbeitet in Moskau.

Kuratorin: Kathrin Jaumann

Gefördert durch

Oldenburgische Landschaft
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur