Trigger Projekt
Das Edith-Russ-Haus für Medienkunst ist für die Zeit der Ausstellung zu einer Filmkulisse geworden, in der Crandall gemeinsam mit Teilnehmern in einem von ihm geleiteten Workshop an seiner neuen Videoinstallation gearbeitet hat. Konzeption der neuen Arbeit, Prozess und Ergebnisse des Workshops sind im oberen Teil des Ausstellungshauses präsentiert. "Trigger" zeigt zwei Soldaten, die sich gegenseitig jagen und ins Visier nehmen. Die Kamera wird zur Waffe und "Trigger" - der Abzug, der Auslöser - zur Metapher für den Impuls, der sowohl die konkrete Aktion, den Schuss auslöst, als auch eher indifferente und individuell besetzte Emotionen und Erinnerungen.
Im unteren Ausstellungsraum wird eine Auswahl aus der sechsteiligen Videoserie "Drive" gezeigt. Während die Vorarbeiten zu "Trigger" von einer rauen, "work in progress" Ästhetik geprägt sein wird, hat "Drive" die glatte, kühle Ästhetik, die letztlich auch das Endergebnis von "Trigger" und Crandalls Werk kennzeichnet.
Crandalls Arbeiten haben erschreckend konkrete Bezüge zur aktuellen politischen Situation. ‘Armed Vision’, ein Begriff den Jordan Crandall selbst geprägt hat, beschreibt die Thematik seiner Videoinstallationen sehr eindrücklich. Crandall geht davon aus, dass unsere Sichtweisen mehr und mehr ‘militarisiert’ werden. Kriegsbilder und Reportagen, Rasterfahndung und Überwachungsmonitore allerorten befriedigen nicht nur den Voyeurismus, sondern steigern auch die Akzeptanz von Überwachung und Kontrolle durch Dritte.
An dieser Entwicklung haben militärische Technologien einen ebenso großen Anteil wie die Medien. Die Bilder von Überwachungs- und Nachtsichtkameras, von versteckten Kameras und vor allem die Aufnahmen von Kriegsschauplätzen - aufgezeichnet mit hochspezialisierten Militärtechnologien - bestimmen unseren Alltag und vermitteln uns ein Gefühl der Sicherheit und Kontrolle über eine unüberschaubar gewordene Welt. Aus diesem Gefühl heraus entwickelt sich eine Freude und Lust am Kampf, die durch spezialisierte Technologien aussichtsreich erscheint und deshalb als Lust und Freude am Erfolg wahrgenommen wird. Dieser Kampf ist in vielen Spielarten denkbar: der ‘Kampf gegen den Terror’, der Kampf der Geschlechter und der innere Kampf mit/gegen sich selbst.
"Vor Anspannung bebend, Fleisch gegen Metall gepresst, fließen die Bewegungen des Kampfgeräts durch den Körper wie Film durch einen Projektor. Verhaltene Atemzüge, beschleunigter Herzschlag und das leichte Vibrieren des Fingers am Abzug vermischen sich mit dem Stakkato des von der Maschine angetriebenen Zelluloids. Ein Auge gebannt am Bildsucher, ein Körper in der Bewegung verharrt, ein sich durch das Sichtfeld bewegendes Bildziel. Was bewegt sich, wie bewegt es sich, wie kann diese Bewegung verfolgt, unterbrochen, aufgenommen, dargestellt werden? Alle sich bewegenden Elemente sind im explosiven Moment des Shootings synchronisiert. Ein Ziel-Objekt, das im Prozess der Teilung gesehen, gerettet, eliminiert werden muss: ich/du, wir/sie, hier/dort. Körper und Maschine treffen sich am Auslöser und erwarten den explosiven Akt ihres Einsatzes. Sehen-Benennen-Feuern. Die Wahrnehmung geordnet, Positionen und Grenzen festgelegt, Bewegungen und Formen konturiert. Ein Opfer-Bild zwischen Wahrnehmung, Technologie und den Ausweichbewegungen des Körpers."
(Jordan Crandall zu "Trigger")