The Word Wolke
"Ich habe die Apokalypse verpaßt" (1993)
Vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur wurde dem Edith-Russ-Haus für Medienkunst zu Beginn des Jahres 2000 erstmals ein Stipendium für Medienkunst gewährt, das aus Mitteln der Filmförderung des Landes Niedersachsen finanziert wird.
Als erste Stipendiatin wurde die Künstlerin Susanne Weirich nominiert.
Susanne Weirich, Jg. 62, lebt und arbeitet in Berlin, studierte an der Kunstakademie Münster (bei Prof. Timm Ulrichs), arbeitete nach dem Studium als künstlerische Mitarbeiterin an der TU Berlin (FB Architektur) und absolvierte 1995/96 einen Lehrauftrag am Art Center College of Design in Pasadena, Kalifornien, seit kurzem hat sie eine Professur an der Akademie für Bildende Künste in Hamburg.
Die Künstlerin ist seit Jahren in überregionalen und internationalen Gruppen- und Einzelausstellungen präsent, u.a. auf der Ausstellung Das XX. Jahrhundert in Berlin, angefangen mit der komplexen Ton-Dia-Installation Tokyo Rose über Videoarbeiten wie Ich habe die Apokalypse verpaßt, Der Kurator oder Das Kleid bis hin zu den jüngsten Arbeiten mit Projektionen. Immer wieder entwickelt sie installative Formen, mit denen sie Ordnungsstrukturen und -kriterien thematisiert. Dabei werden Sprache und Text als wichtige Medien eingesetzt.
Die Tonbildschau Tokyo Rose thematisiert die Geschichte der sprechenden Frauen und ihrer Medien. Die Videoinstallation Ich habe die Apokalypse verpaßtbeschäftigt sich mit dem Offenbarungszwang in Nachmittagssendungen, in denen Lippenbekenntnisse zu peinlichen Bekenntnisshows heranwachsen, etymologisch durchaus korrekt als Apokalypse zu bezeichnen.
Bekannt geworden sind ihre Produktionen von All-Work-No-Play-Sets, die Eingang in verschiedene Museumssammlungen gefunden haben. Ironisch und humorvoll bietet sie industriell gefertigte "Gebrauchsgegenstände" an, mit denen persönlichste Emotionen verbessert zum Ausdruck kommen können, so z.B. "sich sentimental an einen Sommer zu erinnern", "zu beichten" oder "das Vertrauen zu verlieren".
In der Arbeit Imaginery Landscapes. Falsche Projektionen projiziert sie fotografische Abbilder von Aussichten auf einen Park und kontrastiert "reale" und "fiktive" Bedeutung.
Das breite Spektrum ihrer Arbeit legt Susanne Weirich nicht auf eine primär technisch-orientierte Definition als "digitale Medienkünstlerin" fest. Zwar gehören viele neue künstlerische Techniken zu ihrem Repertoire, doch wichtiger ist die Frage nach dem Gebrauch von Medien und den damit verbundenen Strukturen und Ordnungssystemen, die sie mit ihren Arbeiten umkreist. Dabei hinterfragt sie Funktionszusammenhänge von Massenmedien und industrieller Massenproduktion ebenso wie sie Traditionen alter künstlerischer Medien bricht. Ein Medium ist eben nicht nur "Material", sondern ebenso das Problem, dem man sich stellt.
Für das Edith-Russ-Haus hat Susanne Weirich ein eigenes Medienkunst-Projekt entwickelt.