Veranstaltung

Symposium: Burnout Feminism?

28. Mai 2016, 10:30 - 19:30
Tagung

"Burnout Feminism? (Post)Feminismus und verkörperter Kapitalismus" Kuratiert von Claudia Reiche In Kooperation mit und gefördert von der Gesellschaft zur Förderung von Medienkunst e.V.

28. Mai 2016, 10:30 Uhr - 28. Mai 2016, 19:30 Uhr

Programm

10:30   Helene von Oldenburg

Grußwort für die Gesellschaft zur Förderung von Medienkunst e.V.

Bio Helene von Oldenburg

Dr. agr. und Diplom in Freier Kunst der HfbK Hamburg; arbeitet als Künstlerin und Kuratorin. Ihre Arbeiten – Installationen, Performaces, Vorträge u.a. – konzentrieren sich auf Grenzgebiete zwischen Kunst, Wissenschaft und Medien.
www.helene-oldenburg.de

10:45   Claudia Reiche

Einführung zum Symposium: Burnout Feminism? (Post)Feminismus und verkörperter Kapitalismus

Konzentrationsstörungen und reduzierte Leistungsfähigkeit einst motivierter, doch dauerhaft überlasteter Arbeitskräfte prägten den Begriff vom Burnout-Syndrom. Seit der Beschleunigung der Gesellschaft ist Burnout zur Metapher für rasenden Stillstand und Erschöpfung avanciert. Es läßt sich fragen: Gilt ähnliches derzeit für den Feminismus?  

Der testweise Vergleich mit einem Zustand von Erschöpfung und Illusion gewinnt an Relevanz, als externer Gegnerschaft zum Feminismus eine interne Kritik korrespondiert, die insbesondere fragt, ob der westliche (Post-)Feminismus fehlgegangen sei, indem er sich falsch, nämlich neoliberal umsetzen ließ?

Statt dabei von feministischer Seite aus in depressiv gewendete Größenfantasie von Selbstkritik zu geraten, gilt es nachzufragen und Paradoxien der weiblichen Lagen zu artikulieren. Im Unterschied von Gleichstellungspolitik und Feminismus gibt es Raum für Analysen von feministischen und kapitalistischen Zuständen, um mit Konzepten aus Kunst und Medientheorien zu experimentieren.

Bio Claudia Reiche

Claudia Reiche ist Künstlerin und Medienwissenschaftlerin. Sie forscht und lehrt über Medien und deren epistemologische, ästhetische und politische Effekte und ist in mehreren weiblichen und queeren Projekten engagiert, die die Grenzverläufe von Kunst und Wissenschaften verzeichnen, insbesondere im thealit Frauen.Kultur.Labor, Bremen. Eines ihrer Bücher ist aus einer Dissertation an der Kunsthochschule für Medien Köln entstanden: Digitale Körper, geschlechtlicher Raum, Das medizinisch Imaginäre des "Visible Human Project", Bielefeld, 2011..Derzeit arbeitet  sie zu einem Projekt über Hijras in Südindien, ausgehend von einem Studienaufenthalt beim Goethe Institut Bangalore 2014.

11:15   Edit Molnár

Women at Work – Seduced Feminism

(in englischer Sprache)

The talk that borrowed its title from Hester Eisenstein, is an introduction to the international group exhibition Women at Work, which aims to contribute to discussions surrounding the relationship between feminist ideas and the current situation of women in the workforce in an era of globalized economics and quickly changing societies. Through a reading of the works by Olga Chernysheva, Im Heung-Soon, Wendelien van Oldenborgh and Anette Rose, it would ruminate on important questions of women’s emancipation, collaboration, solidarity, and equality during times of “seduced” and commercialized feminisms.

Bio Edit Molnár

Edit Molnár is the co-director of the Edith-Russ-Haus. She earned a MA in Art History in 1998 and a MA in Aesthetics and Theory of Art in 2005 from Eötvös Lóránd University, Budapest. In 2002 she participated in De Appel curatorial training program in Amsterdam. From 1999-2004 she was the director of the non-for-profit Studio Gallery Budapest.She worked as a curator of the Műcsarnok/Kunsthalle, Budapest from 2005 to 2007. She had been the director of the Cairo based independent non for profit art institution, the Contemporary Image Collective between 2007-2009.

12:00   Angela Koch

Berufliche De|Formation: Geschlechterverhältnisse und sexuelle Arbeit

Ordnungen des Begehrens sind längst schon überführt in Ordnungen der Produktion und des Marktes, auch wenn im kommerziellen Spielfilm noch immer romantische Begehrensverhältnisse, voyeuristische Blickkonstellationen oder heteronormative Geschlechterkonstellationen den Konnex von Sexualität und Arbeit prägen. Der Film Top Girl oder la déformation professionnelle (D 2014) zeichnet ein anderes Bild von sexueller Arbeit: eine Arbeit, die zugleich Ware ist und ein Produktionsverhältnis darstellt, indem sie sowohl Sex und Begehren als auch Geschlechterverhältnisse herstellt. Die Sexarbeit im Film ist darüberhinaus eine gelungene Anpassung an den deregulierten Markt und seine Freisetzung von Arbeitskräften. Als affektive Arbeit stützt und reproduziert sie die sozialen Verhältnisse. Auch das Buch Top Girls von Angela McRobbie (2010/2008) ist eine kritische Reflexion der postfeministischen Geschlechter- und Arbeitsverhältnisse. In meinem Vortrag beziehe ich die Aussagen des Films und des Buchs aufeinander und erweitere den Begriff der sexuellen Arbeit.

Bio Angela Koch

Angela Koch ist Professorin für Medienwissenschaft an der Kunstuniversität Linz. Leitung des Masterstudium Medienkultur- und Kunsttheorien (MKKT).
Habilitation: Ir/reversible Bilder. Zur Visualisierung und Medialisierung von sexueller Gewalt, Berlin 2015: Vorwerk 8.
Wissenschaftliche Mitarbeit an der Kunstuniversität Linz, der Ruhr-Universität Bochum, der Universität Dortmund sowie Leitung eines DFG-Forschungsprojekts.
Promotion in Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin: DruckBilder, Köln 2002: Böhlau.
Forschungsschwerpunkte: das Politische der Medien, Gender Studies, sexuelle Gewalt, Erinnerungskultur, Medien|Arbeit, Postkoloniale Theorie sowie Alterität / Rassismus.
blog.mkkt.ufg.ac.at/angelakoch

14:00   Tanja Ostojić:

On “Naked Life” and my artistic strategies of reinventing feminism today

Who´s feminism? Do we talk of feminist activists from Bolivia who engage locally against rape of children, and pregnancies of 9 and 13 year-old, or do we talk of Pakistani and Indian activists who engage against children marriages in their region and are rescuing girls and are sending them back to school? Or do we talk about equal rights movement in Belgrade where Roma Women, queer women, anarchist women, anti-war activists and feminists of all genders engage together against human rights atrocities, for minority rights, for Roma Rights, for working Women Rights and against discrimination… ? Or do we talk about women politicians who showed how neoliberal and severe they could be, like Margaret Thatcher or Hillary Clinton, arranging capitalist wars and trying to get voters on the “feminist card”…?

With the “Naked Life” project 2004-2016 I practice feminist solidarity with Roma, Sinti and Travellers Europe wide. I research and make public how severe and how deeply routed is the 700 years long historical and contemporary racism and anticiganism against the biggest minority in Europe. Expressions of profound solidarity come along with colonial wounds, strong feelings of sorrow, processes of initiation and healing.

Bio Tanja Ostojić

Tanja Ostojić (*1972 Yugoslavia) is a Berlin based independent performance and interdisciplinary artist and cultural activist. She includes herself as a character in performances and uses diverse media in her artistic researches, thereby examining social configurations and relations of power. She works predominantly from the migrant womans perspective, while political positioning and integration of the recipient define approaches in her work. Since 1994 she presented her work in numerous exhibitions, festivals and venues around the world. Her work is part of important museum collections. She has given talks, lectures, seminars and workshops at academic conferences and at art universities around Europe and in the Americas.

15:00   Rahel Puffert

»Unter Frauen. Kunst und Pädagogik ohne Boden.«

Frauen bei der Arbeit. Ich beginne mit einer Arbeitsplatzbeschreibung. Der Titel meines Beitrags spielt bereits darauf an: Frauen sind im ›Institut für Kunst und visuelle Kultur‹ der Universität in der Mehrzahl. Parallel zur akademischen Beschäftigung mit Gendertheorie und Feminismus finden hier zwischen den Generationen Beobachtungen über Rollen und Selbstverständnisse statt. Dieser Nebenschauplatz bildet den Ausgangspunkt, um mit einem genealogischen Blickwinkel auf die Kunstvermittlung und ihr Verhältnis zum feministischen Projekt zu schauen. Ist der Feminismus aktuell als »heimatlos« (Frigga Haug) zu bezeichnen oder welcher Platz, welche Funktion könnte ihm heute zugeschrieben werden? Weil Verallgemeinerungen schwer möglich sind, könnte ein selbstkritisches Verhältnis zum eigenen Arbeitsethos vielleicht ein Anfang sein. Garantiert ohne Wellness.

Bio Rahel Puffert

Dr. Rahel Puffert, Hamburg, ist derzeit Vertretungsprofessorin am Institut für Kunst und visuelle Kultur (Kunst – Vermittlung – Bildung) der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Seit 2013 gehört sie zur künstlerischen Leitung des »Werkhaus Münzviertel. Modellprojekt zur Verschränkung von Pädagogik, Kunst & Quartiersarbeit« in Hamburg Vorzugsweise arbeitet sie in Kollektiven wie den Künstlergruppen »target: autonopop«, Archiv »Kultur & Soziale Bewegung«, FRONTBILDUNG und war Mitbegründerin und Redakteurin von THE THING Hamburg. Plattform für Kunst & Kritik 2006-09.

15:45   Screening:

Pauline Boudry / Renate Lorenz

CHARMING FOR THE REVOLUTION

16mm/DVD 11 min. loop , 2009

“The film is charming, but it is still labour. The labour to engage in demanding what should already be ours.”

With a wink to Jack Smith, the New York underground performer and filmmaker from the 60’s to the 80’s, as well as to the history of queer and feminist calls such as “wages for housework!”, the film recreates the “housewife” as an ambiguous figure with an open future. Additional references extend from Deleuze-Guattari’s becoming-animal, the Dandy of the 19th century, who out of protest against the clock pulse of the industrialisation walked turtles on leashes, as Walther Benjamin described him, to Pasolini’s ironic-capitalism critical film “The Hawks and the Sparrows”

Performance: Werner Hirsch

Camera: Bernadette Paassen

Sound: Karin Michalski

Sound design: Rashad Becker

Set Photography: Andrea Thal

16:45   Verena Kuni

Time Out Feminism,
or: Do Cyborgs Dream of Circadian Clocks?

Als die Vergangenheit noch Zukunft war, galt die Überwindung der biologischen Uhr als eine Errungenschaft. Im strahlenden Licht, das die Fée Electricité entzündet hatte, feierten die Cyborg und ihre Schwestern das Ende der Nacht, die unerschöpfliche Energie, die Wahrheit der Arbeit: Produktion, nicht Reproduktion. Vorsprung durch Technik. Keine Atempause. Geschichte wird gemacht. Es geht voran!

Aber die Geschichte ist kein Märchen. Das Märchen wird von Menschen für Maschinen erzählt und für Menschen, die wie Maschinen arbeiten sollen. Wenn sie nicht gestorben wären, arbeiteten sie noch heute. Die strahlende Zukunft ist eine Zeitschleife, ein Loop mit unendlicher Halbwertszeit, ein animated gif, das sich viral verbreitet und nicht mehr von der Festplatte löschen lässt, die es ebenfalls nicht mehr gibt. Denn es gibt ja die Cloud. Das Simulakrum eines atmosphärischen Phänomens im Zyklus ewiger Wiederkehr: von Märchen, die von Wenigen für Viele erzählt werden.

Die Cyborg und ihre Schwestern sind dieser Science Fiction(s) müde geworden. Denn sie sind hellwach. Sie schlafen nicht. Sie träumen nicht. Doch würden sie träumen: träumten sie dann von einer biologischen Uhr?

Bio Verena Kuni

Verena Kuni ist Kunst-, Medien- und Kulturwissenschaftlerin und Professorin für Visuelle Kultur an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sie  forscht und lehrt seit 1996 an Universitäten und Kunsthochschulen. Als Kuratorin entwickelt sie bevorzugt interdisziplinäre Projekte und Programme an der Schnittstelle von Theorie und Praxis. Von 1995 bis 1999 Co-Kuratorin beim Kasseler Dokumentarfilm und Videofest, wo sie seit 1999 die jährliche interfiction - Tagung für Kunst, Medien und Netzkulturen in Kassel leitet. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich u. a. mit Transfers zwischen materialen und medialen Kulturen; Medien der Imagination; Technologien der Transformation; DIY-Kulturen; Spielzeug und/als Werkzeug; Visueller Epistemologie, Informationsdesign und (Kon)Figurationen des Wissens; Urbanen Biotopen und TechnoNaturKulturen; Alternate Realities und Anderen Zeiten. Zahlreiche Publikationen (print & online) zu Künsten und Medien in ihren gegenwärtigen, vergangenen und zukünftigen Formationen.
www.kuniver.se – www.under-construction.cc – www.visuelle-kultur.info

17:45     Screening:

Lene Berg

Kopfkino

Video  75 min, 2012

Kopfkino (mindfuck) features a discussion between eight women sitting at a long table in a theatrical space. The women are in the S&M business: five work as dominatrixes, three as slaves. While they exchange stories from their professional lives the camera remains in constant motion, shifting perspective without warning. In the course of the film we learn a lot about S&M and most of it contradicts almost everything we’ve been led to believe. But Kopfkino (mindfuck) is neither documentary nor fiction. It is an accumulation of stories from a world centered around power and sexuality, an arena where grownups play for real. But Kopfkino (mindfuck) is not only about sadomasochism. It is also about the places where fantasy meets reality, where experience is turned into storytelling. Is it real or fictional? What is the relationship between the fantasies these women stage and the world around them?

75 minutes

HDV, color, stereo

German dialogue with English subtitles

Produced and Directed by Lene Berg

Commissioned by Henie Onstad Kunstsenter (HOK), Norway

Bio Lene Berg

Born in Oslo, Lene Berg studied film at Dramatiska Institutet, Stockholm. She has directed three independently produced feature films: En Kvinnas Huvud (A Woman’s Head) 1997; Kopfkino (mindfuck) 2012; GOMP: Tales of surveillance in Norway 1948-89 (Gompen og andre beretninger om overvåking i Norge 1948-89) 2014, in addition to more than fifteen medium length and short films.

Lene Berg explores relationships between contemporary images and inherited ideas; between facts and clichés to develop new forms of storytelling. She is particularly interested in what is not told and what does not fit the general picture or accepted story.

Lene Berg represented Norway at the Venice Biennial 2013 with the film Dirty Young Loose (Ung Løs Gris). She lives in Berlin and New York.