Let's Make Noise, Sisters!

Let's Make Noise, Sisters! ist ein seit 2020 fortlaufendes radikal-feministisches Kunst-Musik-Projekt – in dieser Ausstellung als Mehrkanal-Videoinstallation präsentiert – das nach Antworten auf grundlegende Fragen sucht, die unsere Gegenwart bestimmen: Können wir all unsere Wut und unser Bedürfnis nach Veränderung bündeln und in neue Energie umwandeln? Können wir unsere defensiven Positionen aufgeben und zu Visionären werden? Können wir Wut in Musik verwandeln, die eine überwältigende und kathartische Kraft hat?

Mögliche Antworten auf diese Fragen werden in einer Reihe von performativen Videos gezeigt, die zur Zusammenarbeit aufrufen und Weiblichkeit, Vielfalt, Herkunft und sozialen Hintergrund erforschen. Die Initiatorin des Projekts, Zorka Wollny, erklärt: „Wir bitten darum, das gesamte Spektrum unserer Sinne zu nutzen und und unsere sterbende Mutter Erde mit einer schützenden Klangwolke zu umarmen. Bieten wir unseren Zuhörern eine wunderbare Möglichkeit, ihre Wut, ihre Frustration, ihr Gefühl der Ohnmacht zu kanalisieren, um neue Möglichkeiten erstrahlen zu lassen. Lasst uns gute Geister wecken! Wir alle brauchen sie jetzt.“

Seit 15 Jahren erschafft Zorka Wollny Klangstücke, die auf bestimmte gesellschaftliche Situationen reagieren. Ihre akustischen Kompositionen entstehen meist in enger Zusammenarbeit mit einzelnen Menschen und Gruppen von Studierenden, Arbeitenden und Aktivisten, wobei sie sich auf Vokalperformances im öffentlichen Raum konzentriert, die soziale Wut, Protest und das Gefühl der Ohnmacht thematisieren. Das Gemeinschaftsprojekt Let's Make Noise, Sisters! entstand aus dem dringenden Bedürfnis, eine radikale Reaktion auf die jüngste frauenfeindliche Politik der polnischen Regierung zu artikulieren, die darauf abzielt, Frauen ihre Selbstbestimmung zu nehmen, und die von den rechtsgerichteten Politikern der Region gut aufgenommen und unterstützt wird. Das Manifest des Projekteskonstatiert, dass all die Energie, die Künstlerinnen und Künstler, oppositionelle Intellektuelle und NGOs in den letzten Jahren in den Versuch investiert haben, sich um die Gesellschaft und benachteiligte Gruppen zu kümmern und das bröckelnde System irgendwie zu retten, zu ihrem Ende kommen muss. Anstatt Politik und Unternehmen die Last dieser Verantwortung abzunehmen, sollte die Energie, die bisher für diese unmögliche Mission aufgewendet wurde, lieber in die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Veränderung unserer Sozialsysteme investiert werden.

Eine der Projektteilnehmerinnen, die feministische Philosophin Ewa Majewska, schreibt über das Projekt: „Frauen haben sich schon immer gegen die erzwungene Reproduktivität aufgelehnt und verschworen. Pflanzliches, medizinisches und magisches Wissen wurde schon immer in ähnlicher Weise (miss)behandelt wie die Autonomie der Frau – im Laufe der Geschichte wurden sie verspottet, ausgegrenzt, verboten und sanktioniert. Die Rituale und Gesänge, die wir hier durchführen, lassen die Erinnerung an die verdrängten und zerstörten Traditionen des Frauenwissens wiederaufleben, das von Hexen, Hebammen und Zauberinnen entwickelt wurde. In Anerkennung der Macht unserer technisch vermittelten Fähigkeit, diese Erinnerung wiederherzustellen, wollen wir die Wissenschaft oder die Schulmedizin nicht in einer Art rachsüchtiger Exzision ausschließen. Vielmehr wollen wir uns an das erinnern, was vom Wissen getrennt, oft künstlich davon abgegrenzt und damit auch zerstört wurde. Indem wir uns auf Mythen berufen, stürzen wir nicht die Vernunft, sondern wehren uns gegen ungerechtfertigtes Leiden, künstliche Ausgrenzung, Ungleichheit und Schaden. Indem wir uns auf das Wissen und die Weisheit berufen, die im Laufe der Jahrhunderte unterdrückt wurden, rufen wir den Widerstand, den Eigensinn und den Protest von Frauen hervor, die gegen Gewalt, Ausbeutung und die Aneignung unserer Macht und unserer Körper rebellieren.“

Der Psychedelic Choir  (Psychedelischer Chor), der von Wollny 2019 ins Leben gerufen wurde, ist eine Gruppe von Berliner Improvisationskünstlerinnen, die geisterhafte Ambient-Sounds durch Hexenrituale intonieren. Die Bassistin Leah Buckareff (vom Noise-Duo Nadja) liefert ein hypnotisches Klangfundament aus Drones und bearbeiteten Sounds für die Vocals.

Noise Sisters ist eine Gruppe wütender Frauen aus Warschau, die sich aus Mitgliedern des Polin Choir zusammensetzt und sich im Herbst 2020 dem Projekt Let's Make Noise, Sisters! angeschlossen hat.

Let's Make Noise, Sisters! wird entwickelt und aufgeführt von Ana Kavalis, Anna Clementi, Anna Gutkowska, Anna Jurkiewicz, Anna Krzystowska, Barbara Popławska, Dagmara Siwczyk, Dominika Korzeniecka, Edyta Pawłowska, Elżbieta Balano, Ewa Majewska, Florence Freitag, Gosia Gajdemska, Karoline Strys, Leah Buckareff, Lyllie Rouvière, Magdalena Żaczek, Majka Gromadowska, Pauline Payen, Renata Dziurawiec, Ula Iwińska und Zorka Wollny.

Gefilmt von Insa Langhorst und Aleka Polis.

Kuratiert von Edit Molnár & Marcel Schwierin.