Vortragsreihe: Bilderwelten - Wissenswelten. Kunst und Wissenschaft im Dialog 5
Cinemedia: Archaeologies of Computation in Cinema – Zur Archäologie des Computers im Kino
(Vortrag in englischer Sprache)
Das Kino ist seit seinen Ursprüngen durch die notwendige technische Ausrüstung wie durch die aufkommenden Metaphern mit der Mechanisierung und der Kultur gleichermaßen untrennbar verbunden. Die "Allgegenwärtigkeit" der Maschine füllt die Archive der Filmgeschichte, als allmächtiger technischer Blick der Kamera oder als Beobachter des Prozesses der Mechanisierung selbst.
In den 1950er Jahren erschien der Computer auf der Bildfläche des Unterhaltungs- wie des Experimental- und Dokumentarfilms. Zur gleichen Zeit ergab sich eine ganze Bandbreite von Filmstoffen aus Unternehmensarchiven, Werbefilmen und Fernsehdokumentationen. Fehlgeleitete wissenschaftliche Forschung, Wissenschaftler, die den Verstand verloren hatten, und außer Kontrolle geratene Maschinen wurden dabei durch autonome Technologien ersetzt; Bilder von heimtückischen Programmierern und empfindungsfähigen und letztlich überlegenen Computern kontrastierten mit dem Verherrlichen des erstaunlichen Fortschritts einerseits, Klagen über die Folgen der Automatisierung oder die Gefahren durch die künstliche Intelligenz andererseits.
Godards "Alphaville", Fassbinders "Welt am Draht", Markers "Level 5", Scotts "Bladerunner", "Matrix" der Brüder Wachowski, Rusnacks "The 13th Floor" und Cronenbergs "eXistenZ" finden sich auf der langen Liste jener Filme, die ein fortlaufendes Abfragen der Nachwirkungen der digitalen Technologien, der Simulation und der künstlichen Intelligenz im Kino erkennen lassen. Dokumentationen wie "The Machine that Changed the World", "Computer Pioneers", "Das Netz" von Dambeck oder "The Century of the Self" von Curtis untersuchen gezielter die Entwicklungsstadien und Implikationen der Computerkultur. Zahlreiche Filme und Videos, die für die Werbung produziert werden, rücken spezielle Technologien und ihren Anwendungen ins Blickfeld.
Der Vortrag wird umfassend illustriert durch Beispiele aus diesem Fundus, die insbesondere unter dem Gesichtspunkt ausgewählt wurden, den historischen Zugang zu einer faszinierenden Tradition zu ermöglichen und zugleich eine kritische Abwägung der Attraktivität der Simulation, der Konsequenzen künstlicher Intelligenz und der Bedeutung dieses speziellen Filmmaterials, das eine wichtige Komponente in der Entwicklungsgeschichte der Medienkunst darstellt.
Kurzbiografie:
Timothy Druckrey leitet das "Graduate Photography and Digital Imaging Program" am Maryland Institute, College of Art. Er lebt in New York City und arbeitet als freier Kurator, Autor und Herausgeber. Er hält weltweit Vorträge über den sozialen Einfluss der digitalen Medien, die Veränderung der Repräsentation und Kommunikation in interaktiven und vernetzten Räumen. Er ist Mitorganisator des internationalen Symposions "Ideologies of Technology" am Dia Center of the Arts und Mitherausgeber des Bandes "Culture on the Brink: Ideologies of Technology" (erschienen bei Bay Press). Er fungierte zu dem als Co-Kurator der Ausstellung "Iterations: The New Image" am International Center of Photography und gab den gleichnamigen Band heraus, der bei MIT Press erschienen ist. Er veröffentlichte "Electronic Culture: Technology and Visual Representation" und ist Herausgeber der Reihe "Electronic Culture: History, Theory, Practice", ebenfalls bei MIT Press. In dieser Reihe erschienen die Bände "Ars Electronica: Facing the Future", "net_condition: art and global media" (mit Peter Weibel), Geert Lovinks "Dark Fiber", außerdem „Future Cinema: The Cinematic Imaginary After Film" (hrsg. von Jeffrey Shaw und Peter Weibel), "Stelarc. The Monograph" (hrsg. von Marquard Smith), "Deep Time of the Media: Toward an Archaeology of Hearing and Seeing by Technical Means" (von Siegfried Zielinski). Zu den jüngsten Ausstellungen, die Druckrey kuratiert hat, zählen "Bits and Pieces" und "Critical Conditions", zudem war er Co-Kurator der Ausstellung "New Media" in Beijing (2006). Er übernahm Gastprofessuren an der Universität für angewandte Kunst in Wien (2004) und am Richard Koopman Distinguished Chair for the Visual Arts an der Universität Hartford (2005).
Gefördert von:
