The Waves Are Rumbling So Loud
The Waves Are Rumbling So Loud ist eine Einzelausstellung der polnischen Künstlerin Karolina Breguła, für die sie zwei neue Auftragsarbeiten geschaffen hat: die Videoinstallationen The Fish und The Storm. Darüber hinaus sind frühere filmische Arbeiten und Fotografien der Künstlerin zu sehen, in denen sie sich bereits mit ähnlichen Themen und konzeptuellen Überlegungen beschäftigt hat.
Breguła ist eine Erzählerin. Ihre Geschichten verdanken sich intensiver Recherche und kollektiven Prozessen. Sie befasst sich eingehend mit Fragen der Architektur, sozialen Verschiebungen und urbanen Räumen in ihren Auswirkungen auf Gemeinschaften. In dieser Ausstellung dreht sich alles um den Zustand der Meere inmitten der Klimakrise. Die Künstlerin versammelt Erfahrungen und Reflexionen zu diesem elementaren Phänomen.
In The Storm zeigt sie ein Bild des Meeres und eine entlegene Insel, auf die der Blick von fünf Figuren gerichtet ist. Die Insel wird von zerstörerischen Winden umtost, immer größere Wellen rollen auf sie zu. In dieser bedrohlichen Wetterlage treten die verstecktesten Gefühle der Menschen zutage. Spannungen und Konflikte zeigen sich in der kleinen Gemeinschaft. Sie wirkt nicht so, als wäre sie auf die Herausforderungen an gemeinsames Handeln vorbereitet, die sich abzeichnen.
Mit ihrer umfassenden und experimentellen Filmsprache schafft die Künstlerin Situationen, in denen kollektives Erzählen möglich wird. Gemeinschaftlich einen Text zu verfassen und eine Geschichte zu erfinden, ist für Breguła eine politische Aktivität. Sie trägt zu einem Prozess bei, der dazu führen soll, soziale Probleme zu erkennen, auszudrücken und zu diskutieren.
Ihr neuester Film The Fish stellt sich die poetische Transformation einer Fischersfrau in ein Meereswesen vor. Diese gewinnt ein Verständnis dafür, wie schlimm es um ihr geliebtes Meer steht, und wechselt daraufhin ziemlich abrupt ihre Zugehörigkeiten. Nun ist ihr Platz unter der Meeresoberfläche.
Der Film ist die Adaption einer Erzählung von Breguła aus ihrer ständig wachsenden Sammlung, in denen sie die Geschichten von Gemeinschaften aufzeichnet, die von den Auswirkungen der Klimakrise und von der Zerstörung der Meere unmittelbar betroffen sind. Die Erzählung greift auf die Erfahrungen einer schwedischen Fischerfrau namens Manjula zurück, mit der die Künstlerin eng zusammengearbeitet hat. Sie ist nicht nur Protagonistin, sondern Mitschöpferin von The Fish. In ihren Filmprojekten demonstriert Breguła eine reiche Filmsprache und elaborierte konzeptuelle Ansätze. Immer wieder bezieht sie dargestellte Menschen und Teilnehmende in ihre Arbeit ein. Sie verwischt Grenzen zwischen professioneller Kunst und Laien. Die Ausstellung enthält auch Kurzgeschichten, die Breguła gemeinsam mit den Menschen verfasst hat, die an ihren Projekten beteiligt waren.
Ihre früheren Arbeiten in der Ausstellung – wie Dust (2019) und The Tower (2014) – handeln davon, wie individuelle Sehnsüchte auf bedrückende soziale und urbane Strukturen treffen.
In Dust geht es um zwei Frauen, die in einem alten Viertel leben, das für Neubebauung abgerissen werden soll. Alle früheren Nachbarn sind schon weggezogen. Geduldig widmet sich Breguła den beiden Frauen und ihrem verstörenden Schicksal. Das Haus ist bereits nahezu leer, aber sie wollen unbedingt bleiben. Rundherum vollzieht sich die methodische Zerstörung eines Viertels. Bulldozer verrichten lärmend ihr Werk. Das Projekt beruht auf tatsächlichen Ereignissen und setzt Frau Zou und Frau Huang aus Banqiao in New Taipei City, die sich gemeinsam mit ihren Nachbarn gegen die Verdrängung aus ihrem Wohnbezirk zur Wehr setzten, ein filmisches Denkmal.
Das Opernmusical The Tower handelt von Menschen, die in einem Wohnblockaus Beton leben und sich vornehmen, in ihrer Gegend einen Turm aus Zucker zu errichten. Ein utopisches und aufwühlendes Projekt mit absurden Aspekten. Breguła spielt damit auf Architekturmodelle aus der Nachkriegszeit an. Sie untersucht das Wohnen aus der Perspektive von Bewohnern, nicht aus der Perspektive der Architektur und ihrer Geschichte. Sie sammelt Erinnerungen an Hoffnungen, Träume und Glauben an eine bessere Zukunft, und konfrontiert sie mit der harten Realität und mit den Widersprüchlichkeiten so vieler moderner Planungen.
Karolina Breguła erhielt 2023 ein Stipendium der Stiftung Niedersachsen am Haus für Medienkunst.